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Aktuelle Gartentipps
Stand: 19.11.2024
Auch wenn es noch Herbst ist, für das Ökosystem Garten beginnt jetzt schon die Winterruhe. Entsprechend respektvoll verhalten wir uns als naturnahe Gärtner gegenüber den pflanzlichen und tierlichen Gartenbewohnern.
Die Igel gehen jetzt in den Winterschlaf, sofern sie ihr dafür notwendiges Gewicht erreicht haben. Igel die noch kleiner und jetzt noch unterwegs sind, brauchen wahrscheinlich Hilfe und ein Winterquartier mit Versorgung in menschlicher Obhut.
Stauden und Gehölze lassen sich jetzt noch gut verpflanzen. Dabei gehen wir behutsam vor, denn im Umfeld der Pflanzen könnten jetzt schon Eidechsen oder Amphibien im Winterschlaf sein.
Verwelkte Stauden und auch Wildkräuter lasse ich möglichst bis zum Frühjahr stehen. Ihre trockenen Stengel sind Winterquartiere für eine Vielzahl von Insektenarten. Und die trockenen Blätter von Rosettenpflanzen am Boden sind ein guter Frostschutz für den Boden.
Zu den Koniferen muss ich meine Tipps vom 3.11. hier korrigieren. Dazu werde ich hier mal wieder ausführlicher. Bis vor kurzem habe ich gesagt und geschrieben, dass Koniferen noch bis in den Dezember geschnitten werden, sofern es dabei und unmittelbar danach frostfrei bleibt. Einige Arten von Koniferen haben schon länger gegen Schnitt zum falschen Zeitpunkt protestiert. Fast mein ganzes Leben bin ich dabei, die Pflanzensprache zu lernen. Bei Laubgehölzen erkenne ich an den Blättern meistens recht schnell, wie es ihnen geht. Bei Koniferen fällt mir das nach wie vor schwer. Wenn sie braun werden, ist der Schaden in der Regel nicht mehr zu beheben. Insbesondere Lebensbäume haben eine andere Möglichkeit gefunden, mir mitzuteilen, wenn ich dabei bin, sie krank zu schneiden: Ich fühle, was sie fühlen, das heißt, es geht mir beim Schneiden zunehmend schlechter und wenn ich es falsch als eigene Schwäche deute, bin ich nach dem Schnitt mitunter mehrere Tage lang krank. So auch letzten Freitag, nachdem ich eine Lebensbaumhecke erstmals und dabei gleich stärker beschnitten habe. Damit ich die Hecke in den Griff bekomme, habe ich sie oben besonders konisch geschnitten, bis in das Holz, das ohne Blätter war. Das sieht erst mal nicht schön aus, aber die Pflanzen werden die Lücke in den nächsten zwei Jahren wieder schließen. Der Grund war, dass ich die Hecke ohne Leiter bis zum anderen Rand mit der langen Schere von oben beschneiden will. Wenn man die Hecke von Anfang an so schneidet, ist das kein Problem. Mein starker Rückschnitt nach jahrelangem kastenförmigem Schnitt war dann aber doch ein erheblicher Eingriff.
Ich hatte das Phänomen des krank werdens nach dem Schnitt einer Lebensbaumhecke dieses Jahr schon einmal in der zweiten Augusthälfte. In den Gartenfachbüchern der DDR steht überall, dass Koniferen im August beschnitten werden. Aufgrund der immer längeren und trockeneren Sommern stimmt diese Regel schon seit einigen Jahren nicht mehr. Im September, wenn die zweite Wachstumsphase z. B. der Lebensbäume und Scheinzypressen beginnt, verkraften sie den Schnitt unter der Voraussetzung einer ausreichenden Wasserversorgung gut. Ich dachte, im der zweiten Augusthälfte sollte es doch schon gehen und habe meine Termine entsprechend geplant. Tatsächlich war ich einen Monat später bei den Kunden und habe gesehen, dass die Lebensbäume auf der Südseite flächige Verbrennungen hatten. Es war also doch zu früh. Hinzu kam: An dem Tag hatten wir sehr hohe Ozonwerte. Das bodennahe Ozon schädigt Pflanzen auch, vor allem, wenn sie durch Schnittmaßnahmen bei viel Ozon zusätzlich geschwächt werden.
Ich habe mich also noch mal schlau gemacht zu den Lebensbedingungen von Lebensbäumen in ihrer natürlichen Heimat, das ist das nordöstliche Nordamerika. Das Gebiet liegt an einem polaren Kaltwasserstrom im Atlantik. Deshalb sind die Winter dort kalt und dauern oft bis weit in den April. Die Pflanzen haben eine lange Winterruhe bei gleichzeitig guter Wasserversorgung.
Diese Bedingungen haben Lebensbäume in Mitteleuropa nicht. Deshalb werden sie zusammen mit Fichten und Kiefern in Folge der klimatischen Veränderungen bei uns verschwinden. Die Winter sind viel zu kurz und im Sommerhalbjahr, während sie natürlicherweise durchgehend wachsen, ist es zu trocken. Wenn bei uns die Tage kürzer als 9 Stunden werden bei gleichzeitig milden Temperaturen, brauchen sie jeden grünen Zweig zum Sammeln der wenigen Lichtenergie, um den Winter zu überleben. Und die habe ich ihnen abgeschnitten.
Scheinzypressen sind etwas schnitttoleranter. Sie scheinen tiefere Wurzeln zu bilden und aus allen möglichen Poren noch Wasser aus dem Boden zu holen, also auch aus der dünnen Lehmschicht, sofern eine vorhanden ist. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet ist aber viel kleiner als das des Abendländischen Lebensbaums. Scheinzypressen kommen natürlicherweise nur in Oregon und Nordkalifornien vor. Das deutet darauf hin, dass sie sehr spezielle Ansprüche haben. Das natürliche Verbreitungsgebiet liegt zwischen dem milden Seeklima des Pazifik mit langen Sommern und milden Wintern und dem kalten Kontinentalklima Kanadas. Das bedeutet, sie lieben ständig feuchte Luft, kommen mit kürzeren Wintern zurecht und meiden hohe Temperaturen. Auch das habe ich gestern erst an einer geschnittenen Hecke gesehen. Den Teil, den ich im September geschnitten habe, hat an allen Schnittstellungen etwa 2 mm tiefe braune Eintrocknungen. Die Scheinzypressen haben die Wunden so verschlossen, das sie an den Schnittstellen kein Wasser durch Verdunstung verlieren. Nur der Teil, den ich im Oktober geschnitten hatte, hat diese Braunfärbung kaum. Das ist aber nur an dieser Hecke der Fall, weil sie in diesem Jahr erstmals nicht mehr bewässert wurde.
Noch etwas: In unserer Zeit der immer weiter sinkenden Grundwasserstände sind die grünen Zweige neben der Bedeutung für die Photosynthese auch Wasserspeicher für die Pflanzen. Im Winter gibt es ja nur eine geringe Verdunstung und mit den prall gefüllten Zweigen starten die Pflanzen besser ins Frühjahr und gehen mit den gefüllten Wasserspeichern besser durch trockene Sommer.
U. a. deshalb ist ein Schnitt im Frühjahr für die meisten immergrünen Pflanzen ungünstig. Wenn es nicht anders geht und im Herbst der Schnitt nicht geschafft wurde, dann würde ich im Notfall Lebensbäume zwischen dem 15. März und dem 15. April beschneiden. Scheinzypressen können bis Ende April beschnitten werden.
Den optimalen Zeitraum zum Schnitt von Koniferen einschließlich Tannen und Fichten sehe ich aber von September bis spätestens zum 10. November. Denn an diesem Tag ist die Tageslänge identisch mit dem 2. Februar. Das bedeutet, ab dem 10. November endet die herbstliche Wachstumsphase und die Ruhezeit beginnt auch für die letzten Pflanzen.
Ihr Gärtnermeister Andreas Hinz